Für alle, die Brücken bauen wollen um Distanzen zu überwinden.
Vera F. Birkenbihl hat es einmal so formuliert:
„Man darf sarkastisch feststellen, dass der Mensch die Distanz zum Mond überwunden hat, aber immer noch daran scheitert, zu seinen Mitmenschen zu gelangen.“
Auch ich habe manchmal diesen Eindruck wenn ich an Diskussionen teilnehme, wo in zunächst lockeren Gesprächen, persönliche Einstellungen und Denkweisen sichtbar werden. Ein schon frappierendes Beispiel für mich war unlängst die vergangene Bundespräsidentenwahl in Österreich. Nur selten war es möglich, entspannt und sachlich mit jemanden über das Thema zu reden. Wenn dies doch gelang, empfand ich es als sehr angenehm und erleichternd.
Auch in geschäftlichen Meetings, bei Konflikten im Team oder in Verhandlungen mit Kunden passiert es leicht, dass die Distanz zueinander größer statt kleiner wird.
Denn je mehr sich unsere Emotionen ins Spiel bringen, um so weniger hören wir in Gesprächen einander zu. Es beginnt dann meist mit einem „ja, aber“ und endet nicht selten mit „das stimmt überhaupt nicht was du sagst“. Auf Beispiele die noch wesentlich unfreundlicher klingen als diese verzichte ich hier bewusst.
Dabei gäbe es durchaus Hilfsmittel um kontroverse Themen auf eine gute Art und Weise zu bereden. Eines – und vielleicht das wesentlichste davon – ist unsere angeborene Fähigkeit zur Empathie. Kurz gesagt: Auf das Denken und Fühlen des Anderen einzugehen ohne es zu bewerten. Klingt einfach – ist es auch 🙂
Zugegeben, es erfordert etwas Training und Disziplin, doch der Gewinn daraus ist enorm:
- Du führst bessere Beziehungen innerhalb der Familie, der Partnerschaft und am Arbeitsplatz.
- Du gewinnst mehr Verständnis für die Bedürfnisse des Anderen und vor allem für deine eigenen.
- Du wirst zu einem geschätzten Gesprächspartner und erwirbst dir ein hohes Vertrauen in deinem Umfeld.
Was braucht es nun, um diese besondere Fähigkeit in einem Gespräch anzuwenden? Da ich es sehr schätze, die Dinge kurz und einfach zu halten, habe ich das Prinzip dafür auf zwei sehr wesentliche Punkte reduziert:
1. Es ist unwichtig wer Recht hat.
- Wenn ich Recht habe, aber du mir nicht vertraust, hilft das meist nicht weiter.
- Wenn ich Recht habe, aber die Welt für dich ganz anders aussieht, nützt das weder dir noch mir.
- Wenn ich Recht habe, aber meine Lösung funktioniert bei dir nicht, hat das Recht haben schlicht keine Wirkung.
- Wenn in einem Gespräch jeder darauf aus ist Recht zu haben landet man sehr schnell in einer Sackgasse.
- Wenn ich aber aufhöre Recht haben zu wollen, können die unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnisse in den Vordergrund rücken. Der erste Schritt ist gemacht. Das Vertrauen wächst. Wir befinden uns dann auf der „Zuhörstraße“.
2. Zuhören um zu verstehen.
Zuhören, hinhören, hineinhören, aktives zuhören, empathisches Zuhören. Es gibt viele Begriffe dafür und es geht im Prinzip doch um das Eine: dein Gesprächspartner fühlt sich voll und ganz verstanden und angenommen. Dies zählt wohl zu den wichtigsten psychischen Grundbedürfnissen des Menschen.
Mit den folgenden Schritten gelingt dir das Zuhören vielleicht etwas leichter:
- Öffne dein Herz und deinen Geist und sei zu 100% präsent
- Verlass mal kurz deinen bestehenden Denkrahmen*) und gönn ihm eine Pause
- Stell dem Anderen wertschätzende Fragen, ohne „warum“ und ohne ihn verhören zu wollen
- Lass deine eigenen Annahmen über das Thema, oder die Person einfach mal im Schwebezustand und gib ihnen die Freiheit sich zu bewegen
- Wenn du wiederholst was der andere sagt, verwende deine eigenen Worte und Gefühle dazu
- Verzichte darauf, dass du die Standpunkte des Anderen für dich verstehen musst, es reicht voll und ganz wenn sich der andere verstanden fühlt
Natürlich gibt es auch eine Reihe von Techniken für das so genannte „aktive Zuhören“. Ich möchte solche hier bewusst nicht anzuführen, in der besten Hoffnung darauf, dass du selbst genügend Fantasie hast, herauszufinden was bei dir funktioniert. Und ich bin wirklich überzeugt davon: wer zuhören kann kommuniziert effektiver. Du schaffst dir damit eine feste Basis vom ICH zum DU. Erst auf dieser können deine eigenen Gedanken und Argumente den Anderen erreichen. Und manchmal stellst du dann sogar erstaunt fest, dass die Distanz zu deinen Mitmenschen viel geringer ist, als du gedacht hast. Also, wenn du dich das nächste Mal in einer kommunikativen Sackgasse befindest, probiere doch einfach aus, was du mit Zuhören bewirken kannst. Ich wünsche dir dabei alles Gute und viel Glück.
*) Gönn deinem bestehenden Denkrahmen beim Zuhören eine Pause